Our Mutual Friend hat immerhin ein Happy End, bzw. in typischer Dickens-Manier gleich mehrere. Die Figuren, an denen man wirklich hängt, sind am Ende der gut achthundert Seiten glücklicher als am Anfang.
Es wird geheiratet und geerbt. Es gibt Mordversuche und hinterhältige Plots, und ohne die Charakterliste auf Wikipedia wäre ich einmal mehr verloren gewesen, zumindest am Anfang.
Zur Handlung: Ein alter, miesepetriger, reicher Mann stirbt und sein entfremdeter Sohn, John Harmon, kommt aus Übersee zurück, um sein Erbe anzutreten. Bevor er dies tun kann, kommt er unter dubiosen Umständen ums Leben. Das Erbe geht an die treuen Bediensteten des Verstorbenen, Mr. und Mrs. Boffin. Diese beiden herzensguten Menschen nehmen die junge Bella zu sich, die zu heiraten Voraussetzung für John gewesen wäre, damit er hätte sein Erbe antreten können. Mithilfe eines mysteriösen Sekretärs, John Rokesmith, lernen die Boffins, mit ihrem neuen Leben als wohlhabende Mitglieder der Oberklasse klarzukommen.
Soviel zum allerwichtigsten Erzählstrang. Aber Dickens wäre nicht Dickens, wenn er nicht zahlreiche andere Erzählstränge eingebaut hätte. Da ist die junge Lizzie Hexam aus ärmlichen Verhältnissen, die versucht, sich ein besseres Leben zu aufzubauen. Da ist ihre Freundin Jenny Wren, die verkrüppelte Puppenmacherin. Da sind die leichtlebigen Anwälte Lightwood und Wrayburn und da ist der Schulmeister Headstone. Ihrer aller Geschichten hängen zusammen und sie alle machen Sinn in der Geschichte - bis auf die Subplots, die sich mit den Familien Veneering, Podsnap und Lammle beschäftigen. Wahrscheinlich wollte Dickens mit ihnen die Oberflächlichkeit der guten Gesellschaft karikieren, aber das hätte es gar nicht gebraucht.
Also habe ich von Zeit zu Zeit etwas weniger aufmerksam gelesen, was dem Vergnügen aber nur wenig Abbruch getan hat. Our Mutual Friend ist kein typisches Spätwerk, aber ein typischer Dickens, und ich bin froh, dass jetzt ein paar mehr seiner Figuren meinen Kopf bevölkern.