Das Dumme bei diesem Krimi nach Dickens' Art ist nun allerdings, dass man nie erfährt, wer der Mörder ist - Dickens ist gestorben, bevor er es fertigstellen konnte, und böse Zungen behaupten, dass ihm das gerade recht kam.
Ich bin sicher, dass er wusste, wo er hinwollte, und nachdem die ersten zweihundert Seiten für Dickens' Verhältnisse etwas zäh waren, hat die Geschichte danach dermaßen Fahrt aufgenommen, dass ich mich permanent dabei ertappe, die Geschichte in meinem Kopf weiterzuschreiben - würde ich es tatsächlich tun, wäre ich nicht die erste, es gibt zahlreiche Versionen. Ich sehe John Jasper als Mörder, der - endlich überführt - im Gefängnis endgültig wahnsinnig wird, wobei diesem dunklen, geheimnisvollen Antihelden eine gewisse Anziehungskraft nicht abzusprechen ist - und ich glaube, das hat auch Rosa gemerkt, immerhin hat seine Liebeserklärung sie bis nach London in die Flucht getrieben, so dass der böse Zauber, den er anscheinend über sie gelegt hat, doch eine leicht sexuelle Komponente gehabt haben dürfte.
Der boxende, schwimmende Reverend Crisparkle hat ganz eindeutig eine Schwäche für Helena Landless, die ganz bestimmt auf Gegenseitigkeit beruht - denn wer hat ein Happy End verdient, wenn nicht er? Gleichzeitig sehe ich Rosa mit Mr. Tartar glücklicher als sie es mit dem oberflächlichen Edwin Drood (mit Abstand die langweiligste Figur in der ganzen Geschichte) hätte sein können.
Ich sollte tatsächlich meinen eigenen Kram schreiben und mich nicht als Möchtegern-Dickens versuchen, aber wie dem auch sei - das Buch ist ebenso lesenswert wie all seine Werke, und wieder voller Nebencharaktere, die sich heimlich, still und leise ins Herz des Lesers schleichen. Mein Favorit bei Edwin Drood? Ganz eindeutig Rosas Vormund Mr. Grewgious.