Aber mit dem Versuch, tatsächlich „professionell“ zu schreiben, kommt auch der Druck.
Ich höre auf, für die Schublade zu schreiben, und fange an, für diejenigen zu schreiben, die meine Bücher vorbestellen. Für diejenigen, die in Rezensionen schreiben, dass sie sich auf weitere Bücher von mir freuen. Das ist Luxus. Das ist das, was sich jeder Schriftsteller wünscht. Ich schreibe nicht für eine Zielgruppe - Zielgruppen sind mir herzlich egal. Aber ich will, dass die nächste Geschichte immer besser ist als die letzte. Ich könnte jetzt, nach nicht einmal einem Jahr, schon wieder anfangen, beispielsweise Vicky auf Umwegen zu überarbeiten, weil mir immer Dinge auffallen werden, die ich verbessern will.
Aber stattdessen schreibe ich weiter, denn irgendwann muss Schluss sein. Irgendwann muss eine Geschichte fertig werden.
Und das Weiterschreiben hat selbst genug Tücken, angefangen damit, dass ich zu viele Ideen habe. Auch das ist ein Luxus, ich weiß, und ich versuche, mich daran zu erinnern, wenn in meinem Kopf regelmäßig Chaos herrscht, weil ich nicht weiß, wo ich anfangen soll. Weil ich immer und immer wieder darum kämpfe, eine Struktur in dieses Chaos zu bringen. Einen Rhythmus zu finden und dabei das richtige Leben nicht zu vernachlässigen. Einen Tag in der Woche nicht zu arbeiten. Aber egal, wo ich bin, egal was ich tue, meine Geschichten sind immer da. Abends vor dem Einschlafen meist das Letzte, woran ich denke.
Nun hat ein neues Jahr begonnen und mit der Veröffentlichung von Der Tod, das Mädchen und die Liebe fange ich bei Null an. Der Rechner ist aufgeräumt, alles, was es gibt, veröffentlicht, und mein Kopf endlich frei für Neues.
Und das sind meine Pläne für 2016 - und vermutlich darüber hinaus: als erstes steht die Geschichte von Julia an, die in Special Relations schon einige denkwürdige Auftritte als Marcellus’ Schwester hatte. Das war ursprünglich nicht geplant, aber sie hat - wie es so oft geschieht - ein Eigenleben entwickelt, und nun bekommt die störrische, egozentrische und doch so liebenswerte Diva Julia ihre eigene Geschichte. Sie wird unter Umständen, die so gar nicht zu ihr passen wollen, jemanden kennenlernen und dann am liebsten sofort wieder vergessen - würde er sich nicht als jener Regisseur herausstellen, der an ihrem Theater das Stück inszenieren soll, das eigens für sie geschrieben wurde. Es funkt und es kracht, auf der Bühne und abseits davon, während Julia langsam realisiert, dass es da zum ersten Mal in ihrem Leben jemanden gibt, der ihr nicht zu Füßen liegt.
Und dann ist da Rose, die als Nils beste Freundin in Leeds ebenfalls einige Auftritte in Special Relations hatte, und deren großer Traum mittlerweile in Erfüllung gegangen ist - sie arbeitet als Fotografin für eine renommierte Zeitung. Gemeinsam mit dem Journalisten James Braidwood ist sie in politisch zweifelhaften Gegenden unterwegs und gerät eines Tages zwischen die Fronten eines Konflikts, der ihre Beziehung zu James auf eine Art beeinflusst, gegen die sie sich vergeblich auflehnt. Als ihre Sicherheit plötzlich von James abhängt, wird ihr klar, dass sie Privates und Berufliches doch nicht so strikt trennen kann, wie sie es monatelang versucht hat.
Die dritte Geschichte spielt ebenfalls in exotischen Gefilden. Eine Rucksackreisende findet sich plötzlich mit einem Reisegefährten wieder, den sie eigentlich auf der Leinwand erwartet und nicht am Flughafen von Nairobi. Zwischen Serengeti und Sansibar und unter den Augen einer exzentrischen Gruppe aus Safaribegeisterten fliegen die Funken, bis sich die Frage stellt, ob diese Funken die Rückkehr nach Europa und in ihre richtigen Leben, die unterschiedlicher nicht sein könnten, überdauern werden. Unser Held ist davon überzeugt, aber die Heldin zögert, wie so oft.
Auch in der vierten Geschichte wird das Theater- und Schauspielthema noch einmal aufgegriffen. Meine noch namenlose Heldin hat sich in ihrem Leben am Bodensee wunderbar eingerichtet - gemeinsam mit ihrem Bruder führt sie ein kleines Hotel, und die Idylle ist perfekt, bis plötzlich eine ambitionierte Fernsehserie in ihrer kleinen Stadt gedreht werden und sie das ganze Team beherbergen soll. Als die Person, die für diese an sich schon unerwünschte Unruhe in ihrem Leben verantwortlich ist, sie auch noch deutlich spüren lässt, dass ihre Kochkunst nicht das einzige ist, woran er interessiert ist, steht ihre Welt komplett Kopf.
Vier neue Geschichten, und als wäre das noch nicht genug, habe ich angefangen, Kurzgeschichten zu schreiben - ursprünglich nur eine Strategie, um das Chaos in meinem Kopf zu strukturieren und ein paar „kleine“ Ideen loszuwerden, ist das mittlerweile ebenso zu einer Passion geworden wie das Schreiben „richtiger“ Romane. Langfristig ist eine Kurzgeschichtensammlung geplant - bis dahin gibt es zur Feier der Veröffentlichung von Der Tod, das Mädchen und die Liebe ab 22. Januar eine erste Kurzgeschichte hier als Download.