Es mag auch daran liegen, dass ich mir mittlerweile die Verfilmung (siehe unten) angeschaut habe, und dass ich in der Zwischenzeit in London war - auch im Tower, wo sich die Handlung von Bring Up The Bodies zu einem großen, entscheidenden Teil abspielt.
Die Figuren sind vertraut und greifbarer geworden, und die Handlung ist dichter. Nachdem es in Wolf Hall um Thomas Cromwells Aufstieg ging und um die Abspaltung der englischen Kirche von der römisch-katholischen um Anne Boleyns Willen, setzt Bring Up The Bodies ganz anders an.
Der König ist Anne Boleyns überdrüssig geworden und in die schüchterne Jane Seymour verliebt, und es ist Cromwells Aufgabe, einen Weg zu finden, die aktuelle Königin aus dem Weg zu schaffen. Wer sich in englischer Geschichte ein bisschen auskennt, weiß, wie die Sache endet, aber das macht es nicht weniger spannend. Vor allem die zweite Hälfte des Buches ist so grandios, so psychologisch durchdacht und so subtil brutal, dass ich es nicht mehr aus der Hand legen konnte. Thomas Cromwells Ambivalenz wird in aller Deutlichkeit gezeigt, und auch wenn diese Bücher - wie Hilary Mantel im Nachwort schreibt - nur eine Version sind, eine Idee dessen, was tatsächlich passiert sein könnte, macht alles schrecklichen Sinn. Thomas Cromwell geht über Leichen für einen König, der ein erbärmlicher Feigling ist.
Sowohl Wolf Hall als auch Bring Up The Bodies machen, dass Ereignisse, die beinahe fünfhundert Jahre zurückliegen, nicht verstaubt wirken, sondern sehr modern. Ich kann es kaum erwarten, The Mirror And The Light zu lesen.