Die Katastrophe kündigt sich von Anfang an, sie ist unaufhaltsam, vor allem, wenn man zu Beginn des Buches einen Blick auf die Widmung geworfen hat und nicht unvertraut ist mit der Biographie von Dorit Rabinyan.
Und trotzdem möchte man nichts lieber als das von Anfang an undenkbare Happy End. Man möchte diese beiden Familien zusammenführen, man möchte in Chilmis Utopie einer Welt, in der sich Israelis und Palästinenser friedlich einen Staat teilen, leben und seine Idee, dass sich nur ein paar Leute von beiden Seiten kennenlernen müssen und sich der Kreis dann von Begegnung zu Begegnung vergrößert, bis alle Ängste weg, die Barrieren gefallen sind, und man erkennt, man ist sich viel ähnlicher, als man geglaubt hat, in die Realität umsetzen.
Ich habe in den letzten Wochen und Monaten einige syrische Flüchtlinge kennengelernt, die volles Verständnis dafür haben (mehr als ich), dass die Deutschen Angst haben.
"Wir sind so viele", sagen sie.
Aber sie sind am Ende nicht "Die Masse", sondern Individuen. Da ist die Familie aus Aleppo, die sich in den Berliner Altbauten zu Hause fühlt, weil die Decken genauso hoch sind wie in den Gebäuden in ihrer Heimatstadt.
Da ist der Reisende aus Homs, der sich spätnachts in der Bahn vergewissert, dass er im richtigen Zug sitzt. Denn er fährt durch das halbe Land, um einen Deutschen zu unterstützen, der ihm ganz zu Beginn seines neuen Lebens in Deutschland geholfen hat und nun im Krankenhaus liegt. Auf unsererer kurzen gemeinsamen Fahrt erzählt er in gebrochenem Deutsch, aber mit so viel komischem Talent, dass wir Tränen lachen, von seinen Erlebnissen im neuen Land.
Vielleicht geht es manchmal schief, wenn man miteinander zu reden versucht, viel öfter aber tut es das nicht. Und was haben wir zu verlieren, wenn wir miteinander reden?