Am Ende war es dann doch eher S-Bahn und Hot Milk, aber ich mag mich nicht beschweren. Hot Milk spielt mehrheitlich in Alméria und die andalusische Hitze überträgt sich auf den Leser. Sophia Papastergiadis ist fünfundzwanzig und Anthropologin, aber eigentlich doch eher Kellnerin. Sie begleitet ihre Mutter Rose nach Spanien, die sich dort von einem Arzt/Wunderheiler/Scharlatan untersuchen lassen will, denn eine mysteriöse Krankheit lässt nicht zu, dass sie gehen kann.
Aber manchmal kann sie es dann doch.
Nichts ist schwarz-weiß in Hot Milk, die Grenzen sind immer fließend, immer ungenau, und der Leser schwebt irgendwo dazwischen, leicht orientierungslos und benommen von der Hitze. Sophia ist sperrig und schwer zu greifen und doch ein unglaublich faszinierender Charakter, und auch Rose ist nicht so einfach zu deuten, wie es am Anfang scheint.
Wer gern einfache, leicht zu entwirrende Geschichten liest, dem sei von Hot Milk und überhaupt von Deborah Levy abgeraten. Sie stellt eine Menge Fragen und lässt ihre Leser die Antworten selbst suchen. Das kann anstrengend sein, manche Menschen entnervt es auch, aber bei mir hat es dazu geführt, dass ich mehr wissen will, mehr von Sophia und mehr von allen anderen, die ihre kleinen, vagen, bedeutungsvollen Auftritte in diesem zu kurzen Buch haben.