Wenn ich nur ein Buch eines mexikanischen Schriftstellers lese, dann sollte es Carlos Fuentes' Die Jahre mit Laura Díaz sein, sagte mir die Person, der ich meine Reise in besagtes Land zu verdanken habe. Carlos Fuentes beschreibt anhand von Laura Díaz, 1898 geborene Tochter eines aus Deutschland eingewanderten Kaffeeplantagenbesitzers, fast ein ganzes Jahrhundert: politische Umstürze und Revolutionen, Kommunismus und Kunst. Laura Díaz wird Freundin und Sekretärin von Frida Kahlo, liebt einen mexikanischen Revolutionär und noch einen, dann einen spanischen Kommunisten und am Ende einen Amerikaner, der vor dem McCarthyismus geflohen ist. Einer ihrer Söhne ist ein Sinnbild für die künstlerische Entwicklung des Landes, der andere für die Korruption. Ihr Enkel stirbt in den Studentenunruhen von 1968. Die Ehefrau eines Freundes wird - scheinbar - von den Kommunisten in Spanien hingerichtet, weil sie eine Franquistin ist, eine andere kommt in Buchenwald um.
Das Buch hangelt sich von einem Fixpunkt entweder der mexikanischen oder der Weltgeschichte zum nächsten, während der Leser atemlos hinterherhechelt und versucht, irgendwie Schritt zu halten. Wer meinen Blog regelmäßig liest, weiß, wie wichtig mir der Zugang zu den Charakteren ist, aber Laura Díaz bleibt über die ganzen fünfhundertfünfzig Seiten hinweg eine Schablone, wie die meisten der anderen Figuren auch - blass angesichts der historischen Ereignisse, denen sie sich gegenübersehen. Das macht die Lektüre leider sehr unbefriedigend, nicht zuletzt deshalb, weil der Anfang, die Geschichte von Lauras Großeltern, lebendig, originell und sehr vielversprechend ist. Über ihren Großvater Philipp Kelsen und seine Kaffeeplantage hätte ich lieber ein Buch gelesen als über Laura Díaz selbst, die immer nur durch ihre Geliebten lebt.