Eigentlich ist es ein Jugendbuch, aber ein ganz anderes als Chocolates For Breakfast. Cassandra Mortmain, die Hauptfigur, lebt mit ihrer exzentrischen, verarmten Familie in einem englischen Schloss mit Zugbrücke, Schlossgraben und allen Schikanen, aber überall regnet es rein, die Möbel mussten verkauft werden und das einzige, von dem sie genug haben, sind Räume, so die kesse Cassandra in ihrem Tagebuch. Ihr Vater ist ein Schriftsteller mit akuter Schreibblockade, dessen bisher einziges Buch vor vielen Jahren ein Bestseller war, den kein Mensch wirklich verstanden hat, und von dessen dahertröpfelnden Tantiemen sie mehr schlecht als recht leben. Nach dem Tod ihrer Mutter hat er das Aktmodell Topaz geheiratet, die in mehr oder weniger lauen Nächten nackt die Natur anbetet und äußerst charmant zwischen Hysterie und gnadenlosem Pragmatismus schwankt. Cassandras engste Vertraute ist ihre ältere Schwester Rose, eine Schönheit, die an der Armut verzweifelt und von einem reichen Ehemann träumt.
Die eigentliche Handlung beginnt, als der Besitzer des benachbarten Landsitzes und Vermieter der Familie Mortmain stirbt und seine jungen Erben aus Amerika anreisen und für allerlei Verwirrungen sorgen, die hier aber nicht näher ausgeführt werden sollen.
Das Entscheidende dieses Buches lässt sich auch so beschreiben, denn so raffiniert und temporeich die eigentliche Handlung auch ist: viel wichtiger sind die Details, mit denen I Capture The Castle gespickt sind. Die Diskussionen zwischen Cassandra und Rose, ob das Leben in einem Jane Austen- oder einem Charlotte Brontë-Roman besser wäre. Die liebevolle Darstellung von Hund Heloise und Kater Abelard. Cassandras trockene Beschreibung der Vorgänge in ihrer Umgebung, die mich abwechselnd zum Lachen und (fast) zum Weinen gebracht haben.
Ich habe mir selten mehr gewünscht, dass ein Buch noch ewig weitergehen mag, und selten bin ich mehr der Versuchung erlegen, die Geschichte in meinem Kopf weiterzuspinnen. Wer weiß, wozu Familie Mortmain mich in Zukunft noch inspiriert?
In der Zwischenzeit: bitte unbedingt lesen, denn dass Dodie Smith nur noch für ihre berühmteste Geschichte über 101 Dalmatiner bekannt ist, das ist eine Schande!
Und es gibt auch einen Film.