Man kann Vladimir Nabokov nicht vorwerfen, dass er mit seiner Meinung hinter dem Berg hielt, und man möchte auch nicht Gegenstand seiner pedantischen Verrisse sein - seinem ehemaligen Freund Edmund Wilson rechnet er beispielsweise minutiös sämtliche Fehler in seiner offensichtlichen nicht besonders positiv ausgefallenen Kritik von Nabokovs Übersetzung von Puschkins Eugen Onegin vor. Dass die Freundschaft spätestens da zu Ende war, dürfte sich von selbst verstehen.
Aber all das aus sicherer Entfernung zu lesen, macht ziemlich viel Spaß. Bei den Essays über Nabokovs zweite große Leidenschaft, die Schmetterlingskunde, habe ich etwas quergelesen - dafür habe ich alles, was mit Lolita und Ada, meinen beiden Lieblingen, zu tun hat, aufgesaugt wie der sprichwörtliche Schwamm.
Für jeden, der schon einmal etwas zu Papier gebracht hat, sind auch seine klugen Worte zum Schreibprozess und zu allem, was mit Inspiration zu tun hat, höchst spannend, und auch wenn ich mir nicht einbilde, jemals das Nabokov-Level erreichen zu können (oder zu wollen), ist es doch erfreulich, dass manche Dinge bei mir ähnlich ablaufen wie beim Meister. Schließlich hat nicht zuletzt er mich zu Special Relations inspiriert, auch wenn er bei dem Gedanken daran wahrscheinlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würde.
Nun dachte ich, ich bin durch mit ihm - oder ich kann wieder von vorne anfangen. Aber offensichtlich plant Rowohlt die erstmalige Veröffentlichung seiner Briefe an Véra im Herbst. Ich freue mich schon darauf.