Ryan, June und Damian sind mir aber so ans Herz gewachsen, dass sie nach Dreiklang auch in Der Tod, das Mädchen und die Liebe eine erstaunlich zentrale Rolle spielen. Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, sie ein paar Jahre später zu zeigen. Auch als Leserin freue ich mich, wenn mir unerwartet bekannte Figuren begegnen. Aber gerade deswegen ist die Verantwortung sehr groß - ein unüberlegter Satz, eine falsche Abzweigung, und man ruiniert eine ganze Geschichte.
Bei Special Relations saß ich im Flieger von Tel Aviv nach Berlin, fest entschlossen, einen Epilog zu schreiben, bis ich irgendwann über Italien den Rechner zugeklappt habe und mir eingestehen musste, dass ich einfach selber nicht loslassen konnte.
Deshalb habe ich mich auch lange dagegen gewehrt, über Julia und Rose zu schreiben. Ich wollte nicht, dass ich am Ende aus Versehen einen Special Relations-Aufguss schreibe, aber mittlerweile hänge ich so tief in diesen neuen Geschichten drin, dass die Gefahr gebannt ist und die Aussicht darauf, Nil und Marcellus wiederzusehen, nur der Zuckerguss auf etwas, das meiner Meinung nach auch so funktioniert.
Wer eine Ahnung davon haben will, in welche Richtungen die Geschichten der beiden gehen werden, der sei daran erinnert, dass Julia in Special Relations von einem Theaterstück erzählt, das eigens für sie geschrieben wurde, und von einem gefeierten Regisseur, über den "die ganze Theaterwelt halb Schauer-, halb Wundermärchen erzählt". Das ist Teju Bailey, und er wird Julia ziemlich zu schaffen machen.
Rose hingegen wird es als Fotojournalistin in politisch zweifelhafte, nicht ganz ungefährliche Gegenden verschlagen. Gemeinsam mit einem erfahrenen Kollegen, James Braidwood, landet sie zwischen den Fronten eines Konflikts, der ihr Verhältnis zu James auf eine Art beeinflusst, gegen die sie sich vergeblich auflehnt.
Ich frage mich oft, ob meine Leser beim Lesen auch nur annähernd so viel Spaß haben wie ich beim Schreiben - und daher halte ich auch die Tipps, die man in Bezug aufs Schreiben mancherorts liest, für den größtmöglichen Schwachsinn. Nein, ich schreibe nicht für irgendeine Art von Zielgruppe, und während ich schreibe ist es mir - Entschuldigung - herzlich egal, was potentielle Leser davon halten werden. Ich schreibe, weil ich schreiben muss, und was ich schreiben muss. Die Geschichten sind irgendwann einfach da und ich habe keine andere Wahl mehr.
Dass sie tatsächlich gelesen werden, ist ein wunderbarer Nebeneffekt, der mich unglaublich glücklich macht, aber nie in dem, was ich schreibe, beeinflusst.