Diese Frage bewegt jede Person, die liest, mich selbst eingeschlossen, gerade, weil ich meinen eigenen Schreibprozess oft faszinierend und unergründlich finde.
Also ist es an der Zeit, diese Frage zumindest ansatzweise zu beantworten, denn Midsummer Madness liegt nicht nur eine, sondern gleich neun Ideen zugrunde, und das nur für die Rahmenhandlung. Jedes Detail hat irgendwo seinen Ursprung, und wie eine Detektivin mache ich mich von Zeit zu Zeit auf, um diese Ursprünge zu ergründen.
Ich ziehe meine Inspiration nebst dem „wirklichen Leben“ mehrheitlich aus Literatur, Musik, und Filmen. Dass Literatur und Filme eine prominente Rolle spielen, heißt nicht, dass ich kopiere, was andere (besser) gemacht haben. Es heißt, dass meine Fantasie angeregt wird und aus der Inspiration etwas eigenes entsteht.
Lily ist meinen Streifzügen durch die viktorianische Literatur zu verdanken. Sie hat ihre Ursprünge in der Beschreibung einer Ehe unter ungünstigen Voraussetzungen in Anthony Trollopes Palliser-Novels. Dass die Geschichte zum großen Teil in Südfrankreich spielt, ist eine Verneigung vor Lawrence Durrells Avignon Quintett.
Eve hat ihren Ursprung in Julia ohne Widerspruch, in einem Traum von einem Sturm und in ein paar Wochenenden an der Ostsee. Der himmelblaue Opel Corsa steht auf einem Parkplatz, an dem ich jeden Tag vorbeigehe. Das Lied, das Tarik unter der Dusche singt, habe ich durch eine englische Fernsehserie entdeckt
Fanny ist ebenfalls auf ein Sommerwochenende an der Ostsee zurückzuführen und auf ein sehr klares Bild von Fanny in meinem Kopf.
Vivi ist ein schwieriger Fall, denn das Setting, wenn auch nicht die Liebesgeschichte, ist auf eine Ostafrikareise zurückzuführen, die ich vor ein paar Jahren gemacht habe. Ich wollte ursprünglich eine lange Geschichte daraus machen, habe es aber dann gelassen, weil ich mich nicht zu lange mit Dingen aufhalten wollte, die ich selbst erlebt habe. Das Elefantenwaisenhaus und den Patenelefanten, die Leoparden im Baum, die Guides und die Mitreisenden gibt es tatsächlich.
Die Sache mit dem Löwen auf dem Zelt habe ich allerdings erfunden. Dachte ich zumindest ganz stolz, bis ich eines Tages über diesen Artikel gestolpert bin.
Soll bloß niemand sagen, die Szene sei unrealistisch.
Ninas Geschichte war eines Tages plötzlich in meinem Kopf, ohne dass ich mir ihre Herkunft erklären kann. Ich weiß nur, dass ich während des Schreibens permanent dasselbe Lied gehört habe.
Die Figur basiert außerdem ein bisschen auf der Nina in Der Tod, das Mädchen und die Liebe.
Greta hat ihren Ursprung ebenfalls in Julia ohne Widerspruch - und in meiner Vorliebe für Kopfmassagen (Kurzgeschichten sind zum literarischen Ausprobieren da, schon vergessen?). In Wirklichkeit schneidet aber nicht Melina meine Haare, sondern Louis, der natürlich nicht so heißt.
Leonora ist die erste Kurzgeschichte, die ich angefangen habe zu schreiben. Vor Jahren schon, und als ich sie vor einiger Zeit, als die Planungen für Midsummer Madness schon sehr weit vorangeschritten waren, in den Tiefen meines Rechners gefunden habe, war ich völlig fasziniert. Die Geschichte war zwar nur zur Hälfte fertig, aber im Nachhinein finde ich, dass sie, deren Anfang ich vor ungefähr zehn Jahren geschrieben haben muss, die erste ist, die tatsächlich nach mir klingt.
Caroline hat eine literarisch-filmische Vorlage, von der ich mich habe inspirieren lassen, die zu benennen ich mich aber gewohnheitsmäßig scheue, weil ich finde, jeder soll sein eigenes Bild von einem Charakter finden. Ian kommt ganz am Rande in Special Relations vor.
Lucy habe ich geschrieben, während ich Hilary Mantels A Place Of Greater Safety gelesen habe, ein Buch über die Protagonisten der Französischen Revolution, das mich nachhaltig beeindruckt hat. Also hatte ich keine andere Wahl, als ihr ihren Namen zu Ehren von Lucile Desmoulins zu geben. Außerdem fand ich, dass diese Namenswahl zu Lily und George passt.
Und dass Jane Eyre mich immer wieder inspiriert, das brauche ich ja wohl kaum mehr zu betonen.
Musikalische Inspiration kam hiervon.
Bis auf Leonora sind alle Geschichten durch - wenn auch meist sehr dünne - Fäden miteinander verknüpft. Ich kann und will nicht nur über dieselben Charaktere schreiben, aber ich bin sicher, dass es nicht nur mir Spaß macht, alte Bekannte ab und zu an unerwarteter Stelle wiederzutreffen - ein Spaß, der sich auch in Zukunft fortsetzen wird.