Anthony Trollopes berühmte Barchester Novels wurden von Penguin vor einiger Zeit neu aufgelegt, aber die Palliser Novels, zu denen The Eustace Diamonds gehört, fristen im Vergleich eher ein Schattendasein. Ich verstehe allerdings nicht ganz, warum. Beide Reihen bestehen aus sechs Büchern, deren Qualität unterschiedlich ist, aber verglichen mit den Verstrickungen des Landadels und der Kirchenoberen in und um Barchester haben die in London angesiedelten Bücher, deren verbindendes Element die in politischen Kreisen hoch angesehene Familie Palliser ist, doch ein ganz anderes Tempo.
The Eustace Diamonds ist das dritte in der Reihe (schon?) und das einzige, das Tendenzen zum Krimi hat - und eine ausgesprochen unsympathische Hauptfigur. Lizzie Eustace hat in dem Wissen, dass ihr Zukünftiger schwindsüchtig ist und nicht lange zu leben haben dürfte, reich geheiratet, und als sie - wie erwartet - zur Witwe wird, entbrennt ein erbitterter Streit mit ihrer angeheirateten Familie um die Familienjuwelen, die Lizzie aus der Hand zu geben sich weigert. Sie lügt und manipuliert ihr ganzes Umfeld, fühlt sich ungerecht behandelt und geht dem Leser innerhalb von fünf Minuten fürchterlich auf die Nerven - mit ihr allein wäre es über die Trollope-typischen über siebenhundert Seiten nicht auszuhalten, aber - und das ist ebenso typisch für ihn - es bevölkern zahlreiche Nebencharaktere das Buch, die die Lektüre bunt und abwechslungsreich machen. Nicht zuletzt der Raub der Diamanten bringt weiter Fahrt ins Geschehen, und die diversen Geschehnisse um alte Bekannte wie Lady Glencora Palliser, Madame Max Goesler und den Duke of Omnium führen dazu, dass ich das nächste Buch, Phineas Redux, schon beinahe in der Hand halte, weil ich wissen muss, wie es weitergeht.
Anthony Trollopes Bücher sind eine perfekte Flucht aus dem Alltag, am Besten an einem verregneten Herbstsonntag, in eine Welt, in der es noch Lords und Ladies gibt, es aber trotzdem schnell klar wird, dass das kein bisschen besser ist.