Ich bin ein großer Fan davon, auf Reisen durch ganz normale Supermärkte zu streifen - zumindest das habe ich mit den Protagonisten in Emma Straubs The Vacationers gemein. Franny Post und ihr Ehemann Jim reisen mit ihrer Tochter Sylvia zu deren High School-Abschluss für zwei Wochen nach Mallorca. In dem luxuriösen Ferienhaus finden sich zusätzlich Sylvias Bruder und seine Freundin ein sowie ein befreundetes Pärchen.
Ein Familienurlaub, wie ihn wahrscheinlich beinahe jeder schon einmal erlebt hat, entfaltet sich - auch wenn die Konflikte etwas dramatischer und zugespitzter sind. Es geht um Lügen und Betrug, um Enttäuschungen und Freundschaften, um Liebe und alles, was irgendwie dazwischen sind. Die Posts essen und streiten sich durch die Insel, sie weinen und haben Sex, und am Ende fühlen sie sich tatsächlich an wie eine Familie - ziemlich nervig, aber irgendwie doch ganz in Ordnung.
Was mich - wie oben angekündigt - aber am meisten fasziniert hat, war die so amerikanische Sicht auf Europa. Anscheinend ist es nicht unüblich, amerikanische Kinder an Flughäfen an der Leine zu halten, damit sie nicht verloren gehen - immerhin ist Jim die Tatsache, dass das in Spanien nicht so ist, eine Erwähnung wert.
Sylvia ist mehr am "Makel", noch Jungfrau zu sein, interessiert als an ihrer Umgebung, und trotzdem so verklemmt, dass sie einen hysterischen Anfall bekommt, als ein attraktiver Mann sie aus Versehen halbnackt aus der Dusche kommen sieht.
Wahrscheinlich ist Europa genauso absurd wie Amerika mir aus der Ferne vorkommt, aber das Gefühl der Fremdheit bleibt. Fremdheit gegenüber einer Welt, in der es Dating gibt und nicht Beziehungen, in der es ein Drama ist, wenn die Frau ein paar Jahre älter ist als der Mann, und wo Äußerlichkeiten ungesund viel Raum einnehmen. Ich hoffe, ich kann mich bald eines Besseren belehren lassen, denn das kann doch nicht wirklich so sein, wie ich es jetzt gerade sehe?
Dass ich eine Leseempfehlung abgebe, liegt allein an den letzten hundert Seiten und den herzerweichenden, absurden Situationen, die sich am Ende entfalten. Schade, dass dieser Charme in den ersten zwei Dritteln noch nicht ganz so zum Tragen kommt.
Auf Deutsch heißt das Buch übrigens Ein Sommer wie kein anderer und allein das Cover hätte dazu geführt, dass ich das Buch nicht einmal mit der Kneifzange angefasst hätte. Ist das allen Ernstes ein Ikea-Blumentopf? Und wieso überhaupt sehen deutsche Bücher der Sparte "Gehobene Unterhaltungsliteratur" alle irgendwie gleich aus?
Es scheint, ich bin heute mal wieder (zu) kritisch unterwegs.